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Kastell Abusina
von WolfgangRieger (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Das Kastell Eining, in antiker Zeit Abusina genannt, ist ein ehemaliges römisches Kohortenkastell und liegt nahe dem heutigen Dörfchen Eining, einem Ortsteil von Neustadt an der Donau nördlich von Bad Gögging. Es ist Bestandteil des zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenen Rätischen Limes und eine der wenigen vollständig freigelegten und in ihren Grundmauern rekonstruierten Wehranlagen an diesem Limesabschnitt.

Der Name Abusina war schon lange durch verschiedene antike Quellen bekannt, erschien aber in unterschiedlichen Schreibweisen. Die Varianten ABVSINA, AVSINA, ALLVSINA, AVSENA und ARUSENA finden sich auf der Tabula Peutingeriana, im Itinerarium Antonini, in der Notitia dignitatum sowie auf Inschriftensteinen.

So wusste bereits die beginnende Neuzeit von der Gegend um Eining als ehemaligem römischem Ort. Sowohl bei Johannes Aventinus als auch bei Peter Apian, die beide heute längst verschollene Steindenkmäler in Eining gesichert hatten, findet Abusina Erwähnung. Danach fiel es aber für ein paar hundert Jahre in Vergessenheit, bis sich im 19. Jahrhundert das Interesse gebildeter bürgerlicher Schichten auf die antiken Zeugnisse in Deutschland richtete.

Von den Aktivitäten der Reichs-Limes-Kommission (RLK) wurde das Kastell jedoch nicht erfasst, da diese mit dem Abschluss des mit der Limesmauer ausgebauten Grenzabschnitts bei Hienheim, auf der anderen Seite der Donau endeten. Den Beginn seiner Erforschung verdankt der Kastellplatz vielmehr der Initiative des Eininger Pfarrers Wolfgang Schreiner, der 1879 mit den ersten Ausgrabungen begann, die er zunächst aus privaten Mitteln finanzierte[1]. Mit gelegentlichen Unterbrechungen wurden die Grabungen nun bis zunächst 1920 fortgesetzt, zuletzt unter der Aufsicht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Danach ruhten die archäologischen Forschungen für nahezu ein halbes Jahrhundert. Erst 1968 wurde die wissenschaftliche Erforschung auf Initiative von Hans Schönberger, dem Direktor der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, wieder aufgenommen.

Bei einem Wettbewerb, dem Kastellgelände ein neues Gesicht zu geben, setzte sich 2010 ein Münchner Designerteam durch. Es hatte Pläne vorgelegt, mehrere Konstruktionen aus überdimensionalen Stahlplatten im Ausgrabungsgelände zu verteilen, um die archäologische Stätte zu „beleben“. Zudem wurde ein neuer Eingangsbereich, Toiletten und ein Wegenetz für Besucher in der heute parkähnlichen Landschaft geplant. Versteckte Mauerreste sollen mit „Kräuterbepflanzung“ „sinnlich wahrnehmbar werden.“ Der Pächter von Abusina, der Verein Historia Romana, hatte im Gegensatz zur öffentlichen Hand Bedenken gegen die Pläne vorgebracht und hätte die benötigten, erheblichen Geldmittel besser in die Substanzerhaltung der antiken Baureste investiert gesehen.[2]

Das nicht unerhebliche Fundmaterial aus Eining verteilt sich im Wesentlichen auf das Archäologische Museum der Stadt Kelheim[3], das Stadt- und Kreismuseum Landshut, die Archäologische Staatssammlung München und das Stadtmuseum Abensberg. Das Kastellgelände selbst ist heute ein kleiner aber attraktiver archäologischer Park.

 

Urkundlich der Gründungsinschrift wurde das Kastell Abusina zur Zeit der Herrschaft des flavischen Kaisers Titus um das Jahr 80 n. Chr. durch die Cohors IIII Gallorum ("4. Gallierkohorte") zur Sicherung der Donaulinie als Teil der Nordgrenze des römischen Imperiums errichtet. Diese Kohorte war auch die erste Stammeinheit, die in dem neuen Kastell Quartier bezog. In seiner ersten Bauphase bestand das Lager aus einer Umwehrung in Holz-Erde-Bauweise und in seinem Inneren aus recht einfachen Fachwerkbauten.

Im frühen 2. Jahrhundert, wohl gegen Ende der Regierungszeit des Kaisers Trajan wurde die Gallierkohorte durch eine Vexillatio, ein gut 500 bis 600 Mann starkes Detachement der Cohors II Tungrorum milliaria equitata („2. Teilberittene Kohorte doppelter Stärke der Tungrer“) ersetzt.[4] Etwas später, zwischen 138 und 147, trat vermutlich die Vexillatio einer Schwestereinheit, der Cohors IIII Tungrorum milliaria equitata für einige Jahre ihre Stelle.

Ab 153 schließlich ist die Cohors III Britannorum equitata („3. teilberittene britannische Kohorte“) mit sechs Zenturien Infanterie und sechs Turmen Kavallerie in Eining nachgewiesen. Sie verblieb dort bis zum endgültigen Ende der römischen Herrschaft über die Provinz Raetien im frühen 5. Jahrhundert. Eine ihrer ersten Aufgaben bestand in dem Umbau des Lagers in ein Steinkastell. Diese Maßnahme stand im Zusammenhang mit einer koordinierten Verstärkung des gesamten regionalen Limesabschnitts in antoninischer Zeit.

Die Notwendigkeit der Ausbaumaßnahmen erwies sich schon bald. Während der Markomannenkriege unter Mark Aurel geriet die Provinz Raetien in schwere Bedrängnis und entglitt zumindest partiell und zeitweise der römischen Kontrolle. Dabei wurden auch Kastell und Vicus von Eining erstmals zerstört. Das Gebiet zwischen Abusina und Castra Regina konnte vermutlich erst um das Jahr 175 herum durch die in Regensburg beheimatete Legio III Italica (3. Italische Legion) wieder freigekämpft werden. Teile dieser Legion wurden vorübergehend in der Eininger Flur "Unterfeld" stationiert.

Nach dem Neuaufbau des Kastells und des Lagerdorfes begann eine bis ins erste Drittel des 3. Jahrhunderts währende Phase der Ruhe und des Wohlstands für Abusina. Den politischen Höhepunkt dieser Zeit bildete zweifellos der Besuch des Kaisers Caracalla in Eining im Jahre 213. Caracalla hatte sich nach Raetien begeben, um einen Präventivkrieg gegen die sich nördlich der Donau bedrohlich konzentrierenden Alamannen zu koordinieren. Die nun eingeleiteten militärischen Operationen verliefen so erfolgreich, dass sie die Provinz und damit auch Abusina für weitere zwei Jahrzehnte vom Druck der Alamannen befreiten.

Ab dem Jahr 233 aber gehörten die relativ stabilen Zeiten für die Grenzbewohner der Vergangenheit an. Im Zuge eines ersten Alamanneneinfalls wurde Abusina erneut zerstört. Es folgten weitere Wellen der alamannischen Beute- und Eroberungszüge, bis im Jahre 260 die römische Grenzwehr in Raetien nahezu völlig zusammenbrach und die Provinz im Chaos versank. Auch Eining wurde bei diesem Alamannensturm wiederholt niedergebrannt. Zahlreiche Hortfunde, darunter auch der berühmte „Verwahrfund von Eining“,[5] der 1975 zufällig entdeckt worden war, zeugen von dieser Zeit. Die 3. Britannische Kohorte und die 3. Italische Legion gehörten zu den wenigen überlebenden militärischen Verbänden und waren die letzten stabilisierenden Faktoren in der Region.

Die Kohorte von Abusina hielt sich in ihrer Garnison bis durch die diokletianisch-konstantinischen Heeresreformen Ende des 3., Anfang des 4. Jahrhunderts sowie durch den Ausbau des Donau-Iller-Rhein-Limes die Situation in den Grenzgebieten wieder beruhigt werden konnte. Die Reformen schufen ein größeres, im Hinterland stationiertes Bewegungsheer und reduzierten die Stärke der unmittelbar an der Grenze stehenden Truppen, deren Kasernen zu kleineren und stärker befestigten burgi umgebaut wurden. Gleichzeitig wurde durch den Limesausbau die westliche Flanke Raetiens, die durch den Verlust der Agri decumates entstanden war, gestärkt. Die Änderungen der römischen Heeresstruktur spiegeln sich im Kastell Eining exemplarisch wider. Der Personalbestand der Britannerkohorte wurde vermindert und in der Südwestecke des alten Kastells errichtete man auf − einschließlich Gräben − nur noch weniger als einem Viertel der bisherigen Fläche eine burgenähnliche Kleinfestung. Die Umwehrung der restlichen drei Viertel wurden aber auch in der Folgezeit instand gehalten und das alte Kastellareal sowohl von den Militärs als auch von der Zivilbevölkerung genutzt. Letztere hatte den alten Eininger Vicus nach 260 nicht wieder aufgebaut, sondern suchte nunmehr hinter den Mauern des Kastells Schutz.

Zum endgültigen Untergang Abusinas kam es schließlich um die Mitte des 5. Jahrhunderts, wohl infolge eines von Westen erfolgenden Vorstoßes der Alamannen. Möglicherweise gehörte die letzte im Schutz der Fortifikation verbliebene romanische Bevölkerungsgruppe zu denen, die durch die Evakuierungsmaßnahmen des Severin von Noricum gerettet wurden.

Der Kern der bajuwarischen Siedlung Oweninga, aus der das heutige Eining hervorging, bildete sich rund 500 m nördlich von Abusina und entstand erst im 6. oder 7. Jahrhundert, so dass hier keine Siedlungskontinuität vorliegt.

 

Bedingt durch die lange Dauer seiner Existenz und die darin wiederholt stattfindenden Veränderungen der strategischen Rahmenbedingungen, sowie durch mehrfache Zerstörungen erfuhr das Kastell Abusina zahlreiche Umbau- und Wiederaufbaumaßnahmen. Dies führte zu einer hohen Komplexität der Baubefunde. Das sich heute dem Besucher darbietende Kastell ist somit nicht die Momentaufnahme eines einzelnen Zeitabschnitts, sondern stellt ein Konglomerat verschiedener Bauphasen dar. Dadurch erscheinen die heute sichtbaren Strukturen dem archäologischen Laien zunächst etwas verwirrend.

Von dem ursprünglichen Holz-Erde-Kastell aus flavischer Zeit ist nichts mehr erhalten. Es war aber in seinen Grundrissen Maß gebend für alle nachfolgenden Steinkastelle vor dem Beginn der Spätantike. Mit den Abmessungen von 147 m Länge und 125 m Breite bedeckte es eine Fläche von rund 1,8 ha und entsprach damit der durchschnittlichen Größe eines römischen Kohortenkastells mit Kavallerie. Anfangs war das Kastell mit seiner Porta Praetoria (Haupttor) nach Norden hin ausgerichtet, erst im Zusammenhang mit dem Umbau zum Steinkastell in der Mitte des 2. Jahrhunderts wurde die Ausrichtung dahingehend geändert, dass die Hauptausfallpforte nach Osten wies. Diese Änderung des Innenaufbaus ist maßgeblich für das sich heute bietende asymmetrische Bild verantwortlich.

Das kaiserzeitliche Militärlager von Eining war auf drei Seiten von einem doppelten Spitzgraben umgeben. Jeder einzelne Graben besaß eine Breite von acht und eine Tiefe von vier Metern. Zur Donau hin war das Grabensystem unterbrochen, wohl weil das steil abfallende Ufer und der Fluss selbst ein hinreichendes Annäherungshindernis darstellten. Die an den Ecken abgerundete Wehrmauer des viertorigen Kastells besaß eine Stärke von 1,4 m und war vermutlich fünf Meter hoch. Zusätzlich war auf der Mauerinnenseite der Agger, eine Erdrampe angeschüttet. Die Mauer war an ihren Ecken, an den Toren und zwischen Ecken und Toren mit Türmen bewehrt.

Im Zentrum des Kastellinneren befinden sich die noch sichtbaren Mauerzüge der Principia, des Stabsgebäudes. Hier befanden sich die Diensträume (Tabularia), die Waffenkammer und unter dem Fahnenheiligtum (Aedes) die Truppenkasse. Etwas nördlich der Principia lag das Praetorium, das geräumige und komfortable Wohngebäude des Kommandanten. Darüber hinaus verfügte das Lager über alle für seine Größenordnung üblichen Ausstattungsmerkmale. Von diesen Bauten, Mannschaftsbaracken, Pferdeställe, Werkstätten, Lazarett und Arrestgebäude ist jedoch heute nichts mehr sichtbar. Im Kastellareal wurden die Reste einer Panzerstatue aufgefunden, wie sie einst für den Kaiser im Fahnenheiligtum stand. Diese Fragmente datieren in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts.[6]

In spätantiker Zeit wurde das Kastell deutlich verkleinert. In seiner Südwestecke errichtete man ein stark befestigtes, burgenähnliches Kleinkastell. Hierbei wurden Teile der Außenumwehrung des alten Lagers in den Neubau mit einbezogen und die neue Fortifikation gegen die Restfläche durch einen Wehrgraben abgetrennt. Einschließlich dieses Grabens verfügte der Burgus über weniger als ein Viertel der ursprünglichen Fläche der Garnison. Der Rest diente der durch die Kriege stark dezimierten Zivilbevölkerung als neuer Wohnbereich an Stelle des aufgegebenen Vicus.

Mitte des 5. Jahrhunderts endet die Nutzung des Kastells von Eining.

 

Das Kastell Abusina und die erwähnten Anlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Kastell Abusina aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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